In meiner Primarschulzeit war es üblich, dass wir regelmässig zur Beichte geschickt wurden. Mit ein paar Mädchen aus dem Quartier machten wir uns jeden zweiten Samstag auf den Weg. Die Begeisterung hielt sich in Grenzen, unser Sündenregister auch. Am Beichthäuschen, in das man auf der Seite hineinzugehen und niederzuknien hatte, leuchtete ein grünes Lämpchen, wenn der Beichtstuhl frei war. Ich ging hinein, kniete nieder und sagte mein Sprüchlein ziemlich schnell auf. Am Schluss wartete ich auf ein paar Worte des Beichtvaters, der mir verkündete, was ich als Busse zu tun hätte, damit mir meine Sünden vergeben würden. Nichts, kein Wort, kein Geräusch. Ich räusperte mich ein bisschen und sagte nochmals laut und deutlich AMEN. Hinter dem geheimnisvollen Gitter herrschte Schweigen. Ich war verunsichert und versuchte, ins Innere des Beichtstuhls zu spähen. Er war leer! Ebenso erleichtert, wie verlegen trat ich hinaus ins grosse Kirchenschiff. Lieber Gott, was soll ich jetzt tun? Werden meine Sünden vergeben, auch wenn mir kein Hochwürden die Beichte abgenommen hat? Einen kurzen Moment zögerte ich und dann beschloss ich selber JA, das zählt. Schliesslich hat mir der Liebe Gott höchstpersönlich zugehört.
Zu Hause habe ich diese Geschichte nie erzählt. Am letzten Freitag habe ich meine hochbetagte Mutter eingeweiht. Sie hat gelacht.
Marianne Zaccaria